Sichtbarkeit, Reichweite und was wirklich zählt oder warum wir über die falschen Dinge sprechen, wenn es um Kunst und Instagram geht
Ich mache auf Instagram eigentlich alles „falsch”. Ich poste nur einmal pro Woche. Keine Reels, keine Trends, kein ständiges Story-Gewitter. Denn für mich ist Instagram ein Fenster in meine Kunst, aber nicht mein Haupt-Marketingkanal.
Meine eigentlichen Räume sind woanders: im Podcast, im Newsletter und hier, in meinen Blogartikeln. Und natürlich dort, wo Kunst wirklich spürbar wird: bei Ausstellungen, auf Messen und im Austausch mit Sammler:innen und Kolleg:innen.
Seit ich nach einer langen Pause wieder auf Instagram aktiv bin, habe ich etwas Spannendes beobachtet: Mir haben mehr Menschen entfolgt, als neue dazugekommen sind. Nicht dramatisch, aber spürbar. Vermutlich, weil viele mir ursprünglich aus ganz anderen Gründen gefolgt sind und sich eben nicht für Kunst interessieren. Und das ist völlig okay. Gleichzeitig aber merke ich, dass meine Posts kaum noch Menschen erreichen.
Das ist frustrierend, hat aber auch einen Vorteil: Was bleibt, sind die Richtigen. Diejenigen, die sich wirklich für Kunst interessieren. Genau sie möchte ich erreichen. Deshalb teste ich gerade mit einem sehr kleinen Werbebudget, wie es ist, einzelne Beiträge zu bewerben, die ohnehin schon gut angekommen sind. Vor allem Beiträge rund um meine neue Serie „Still Matters”. Bis zur ARTMUC Kunstmesse in München im Oktober 2025 ist das für mich ein Experiment: Kann ich auf diese Weise neue Menschen finden, die sich für Kunst mit Tiefe interessieren, und mein Netzwerk sinnvoll erweitern?
Sichtbarkeit ist nicht gleich Erfolg
Natürlich kann Instagram Türen öffnen. Inzwischen entdecken viele Galerien Künstler:innen über Social Media. Auch ich kenne Beispiele, bei denen genau das passiert ist. Aber allein mit Sichtbarkeit ist es nicht getan.
Es gibt Accounts mit vielen Follower:innen, die wenig verkaufen. Und es gibt Künstler:innen, die fast unsichtbar sind und trotzdem Sammler:innen gewinnen, ihre Werke platzieren und Teil von Netzwerken und Ausstellungen werden.
Die Frage ist also nicht: „Wächst mein Account noch?” sondern: „Wächst meine Verbindung zu den richtigen Menschen?”
Instagram ist ein Fenster – kein Zuhause
Für mich bleibt Instagram ein Schaufenster. Aber ein Schaufenster ersetzt kein Zuhause.
Wenn jemand deine Kunst dort entdeckt, braucht er eine Tür, durch die er weitergehen kann: auf deine Website, in deinen Newsletter, in ein Gespräch oder zu einer Ausstellung. Erst dort entstehen Resonanz und Vertrauen.
Ich selbst verkaufe nicht, weil ein Reel viral geht. Sondern weil Menschen den zweiten Blick wagen. Weil sie ein Werk mehrmals sehen. Weil sie merken: Dahinter steckt eine echte Stimme.
Verbindung statt Reichweite
Entscheidend ist nicht, möglichst viele zu erreichen. Sondern die Richtigen. Menschen, die hinschauen, die sich berühren lassen und bereit sind, ein Werk mit nach Hause zu nehmen.
Und Vernetzung zählt. Nicht nur digital, sondern auch analog. Der Austausch mit anderen Künstler:innen gibt mir mehr Energie und Klarheit als jeder Algorithmus. Diese Verbindungen tragen, ermutigen und inspirieren – oft entstehen daraus auch neue Projekte oder Ausstellungen.
Geschichten statt Strategien
Menschen bleiben nicht wegen der perfekten Strategie. Sie bleiben, weil du deine Geschichte mit ihnen teilst. Weil du deine Zweifel zeigst, deine Skizzen, deine Suche.
Galerien, Sammler:innen und Kunstliebhaber:innen wollen sehen, dass du eine Sprache hast, die über Likes hinausgeht. Dass deine Werke nicht nur „hübsch” sind, sondern eine Geschichte erzählen, die bleibt.
Der wahre Maßstab
Wenn ich nicht mehr so viele Likes bekomme, aber dafür meine Kunstwerke verkaufe – ist das ein Rückschritt? Wenn mir mehr Personen entfolgen als folgen, aber jemand auf einer Messe zum ersten Mal ein Werk von mir mit nach Hause nimmt – ist das Misserfolg? Für mich nicht. Im Gegenteil. Genau darin liegt für mich der Sinn.
Fazit
Instagram kann wertvoll sein – als Fenster. Die eigentliche Verbindung entsteht jedoch woanders: in deinem eigenen Zuhause. Auf deiner Website, in deinem Newsletter oder bei persönlichen Begegnungen. Auf einer Messe beispielsweise, wenn jemand dein Werk zum ersten Mal im Original sieht.
Darum: Bau dir deine eigenen Räume. Vernetze dich mit Kolleg:innen. Und betrachte Instagram als das, was es ist: ein Werkzeug, nicht der Maßstab.
Denn am Ende zählt nicht, wie viele dir folgen. Sondern wie viele bleiben.